Leuchtend weiße Margeriten, violette Glockenblumen, summende Insekten. Wer an Blumenwiesen im Naturgarten denkt, hat oft das Bild von bunt blühenden Magerwiesen im Kopf.
Will man eine Magerwiese anlegen ist das mit hohem Aufwand verbunden, wenn man im Garten nicht sandigen sondern lehmigen, nährstoffreichen Boden hat. Warum also anstatt einer Magerwiese nicht eine Fettwiese anlegen?
Ich erkläre, was eine Fettwiese ist und ob es unterschiedliche Fettwiesen gibt, wie wir unsere Fettwiese angelegt haben, welche Pflanzen-Arten dort nun wachsen und ob es überhaupt sinnvoll ist, eine Fettwiese anzulegen.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Fettwiese?
- Intensiv genutzte Fettwiesen
- Traditionell gepflegte, blüten- und nährstoffreiche Wiesen
- Was spricht für das Anlegen einer natürlichen Fettwiese?
- Blüten- und Artenreiche Fettwiese anlegen: So haben wir es gemacht
- Wie eine Fettwiese anlegen? So geht´s
- Die Wiese ohne Anstrengung anlegen
- Seid ihr ungeduldig, könnt ihr euch mit dem Anlegen der Fettwiese ein wenig Arbeit machen
- Fettwiese Blumen- und Pflanzen-Arten
- Meine Erkenntnisse mit dem Anlegen einer Fettwiese statt Magerwiese
Was ist eine Fettwiese? Definition
Eine Fettwiese ist eine nährstoffreiche Wiese. Dazu zählen die landwirtschaftlich intensiv genutzten Wiesen und die, die traditionell bewirtschaftet werden.
Intensiv genutzte Fettwiesen
Die meisten landwirtschaftlichen Fettwiesen sind instensiv genutzte Wiesen. Ziel ist es, möglichst viel Gras für Viehfutter und Silo zu produzieren. Für eine hohe Futter-Ausbeute werden die Wiesen intensiv gedüngt, mit Pestiziden behandelt und bis zu sechsmal im Jahr gemäht.
Durch diese Bearbeitung sind diese Wiesen sehr artenarm. Das Bundesamt für Naturschutz schreibt, dass mehr als die Hälfte der in Deutschland vorkommenden Pflanzenarten auf Grünland, also auf Wiesen angewiesen sind. Und dass aber bereits 44 Prozent der Arten gefährdet oder verschollen sind.
Eine Untersuchung in Nordrhein-Westfalen hat gezeigt, dass 73 % der dortigen Wiesen intensiv genutzte Wiesen sind. Das dürfte in anderen Bundesländern ähnlich ausschauen.
Ihr erkennt solche artenarmen Wiesen besonders gut im Frühling, wenn sie von der Blüte des Löwenzahns ganz gelb sind. Schaut ihr euch diese Wiesen später aus der Nähe an, seht ihr, dass es sehr wenig Abwechslung in der Höhenstaffelung der Arten gibt und kaum Kräuter zu finden sind.
Sie weisen eine geringe Vielfalt von nur bis zu 10 verschiedenen Pflanzenarten auf. Solche Fettwiesen sind ähnlich artenarm wie im Garten ausgesprochen gepflegte, sattgrüne Rasenflächen, die ebenfalls sehr oft gemäht, gedüngt und im Sommer gewässert werden und in denen kein oder nur wenige Begleitkräuter wachsen dürfen.
Da fällt mir ein Bekannter ein. Er hat erzählt, dass er auf Knien Unkraut aus dem Rasen zupft, damit er einheitlich dicht und schön wirkt. Das sei ein Haufen Arbeit! Gut, dass ich einen anderen Bezug zur Natur habe. Kann ich mir viel Plackerei sparen.
Traditionell gepflegte, blüten- und nährstoffreiche Wiesen
Es gibt Wiesenstandorte, die von Natur aus nährstoffreich sind. Zum Beispiel wenn in Wiesentälern durch Überschwemmungen Nährstoffe eingetragen werden.
Traditionell gepflegte und wenig gedüngte, natürliche Fettwiesen wurden früher zwei- bis viermal im Jahr gemäht. Je nach Standort (zum Beispiel feucht oder trocken) können sie bis zu 40 verschiedene Pflanzenarten beherbergen.
Die oben genannte Untersuchung in Nordrhein-Westfalen hat ergeben, dass nur 19 % der Wiesen solche blütenreiche Fettwiesen sind (7 % aller Wiesen sind dort Magerwiesen).
Eine (nicht nur im Garten) traditionell angelegte Fettwiese enthält niedrige, mittelhohe und hohe Gräser sowie Wildkräuter mit unterschiedlicher Wuchshöhe. Da alles dicht wächst, bleibt der Boden gut beschattet und damit relativ feucht.
Was spricht für das Anlegen einer natürlichen Fettwiese?
Man könnte sagen, dass Magerwiesen-Blumen und deren Nutznießer (bestimmte Insekten und Wildbienen) vom Aussterben bedroht sind und deshalb bevorzugt Magerwiesen angelegt werden müssen.
Allerdings sind nicht nur Magerwiesen sondern auch blütenreiche Fettwiesen selten. Legt man einen solchen Lebensraum an, ist er ebenfalls nützlich. Wird er doch von Wildbienen, Spinnen und Schmetterlingen, von denen einige auf der Roten Liste stehen, genutzt.
Was täte eine Hahnenfuß-Scherenbiene ohne die Fettwiesenart Hahnenfuß, auf die sie sich ausschließlich spezialisiert hat? Verhungern!
Auch wenn sich nicht alle Insekten wie die Hahnenfuß-Scherenbiene, ausschließlich von der einen Pflanze ernähren, so hat man im Garten zumindest Futterpflanzen für Raupen und erwachsene Tiere zur Verfügung gestellt. Futterpflanzen, die sowohl in konventionellen Gärten als auch in der intensiv betriebenen Landwirtschaft selten sind.
Geht man davon aus, dass 90 Prozent der Insekten an die einheimische Pflanzenwelt angepasst sein sollen, so könnte das erneut für Magerwiesen sprechen. Doch auch die Blumen der Fettwiese sind einheimische Arten. Zumindest in unserem Garten.
Außerdem: Wenn unser Gartenboden lehmig und nährstoffreich ist, ist es dann nicht sinnvoll, das zu nutzen, was vorhanden ist? Vielleicht für eine Übergangszeit, nach der aus der Fettwiese durch kontinuierliches Abmagern eine Magerwiese geworden ist?
Blüten- und Artenreiche Fettwiese anlegen: So haben wir es gemacht
Unser Garten war urprünglich eine Streuobstwiese, später eine Schafweide, also eine extensiv genutzte Wiese. Durch die Hinterlassenschaften der Schafe war sie trotzdem gut gedüngt.
Dies zeigte sich unter anderem am Löwenzahn, der überall gewachsen ist. Der Große Ampfer, ein Stickstoffzeiger war ebenfalls überall.
Wir haben unseren Rasen nie gedüngt, vertikutiert oder anderweitig gepflegt, sondern nur gemäht. Einen Bereich unter den Obstbäumen zur Hecke hin haben wir von Anfang an selten gemäht. Wir haben ihn als Wiese gesehen, obwohl er sehr klein ist.
Und immer haben wir das Schnittgut weggetragen, haben es zum Mulchen unter Johannisbeeren, Himbeeren und unter Zierstauden verwendet oder irgendwo zwischengelagert.
Wildblumen-Samen haben wir auch nicht ausgesät. Das hat die Natur alleine erledigt. Nun beherbergt diese blütenreiche Fettwiese unter den Obstbäumen allerhand verschiedene Kräuter und Gräser.
Zwischenzeitlich mähen wir diesen „Rasen“ unter den Obstbäumen nur mehr ein- bis zweimal im Jahr.
Da wir auch an anderen Stellen im Garten die Natur machen lassen, siedeln sich abseits dieses Rasenstücks ebenfalls Fettwiesen-Arten wie Wiesenbärenklau an.
Der Ampfer ist dagegen zwischenzeitlich verschwunden, ein Zeichen dafür, dass der Sticksstoffüberschuss abgenommen hat. Das hat einige Jahre gedauert.
Wie eine Fettwiese anlegen? So geht´s
Wenn ihr aus verschiedenen Gründen im Garten keine Magerwiese anlegen wollt und ihr einen nährstoffreichen Boden habt, könnt ihr mit einfachen Mitteln aus eurem Rasen trotzdem etwas Artenreiches erschaffen: eine artenreiche Fettwiese.
Die Fettwiese ohne Anstrengung anlegen
Sucht zunächst ein bisher (vielleicht intensiv gepflegtes) Rasenstück aus, das ihr umwandeln wollt. Mäht den Rasen in den ersten Jahren bloß noch zwei- bis dreimal im Jahr und düngt ihn nicht mehr. Entfernt das Mähgut.
Dann heißt es warten. Warten, dass sich Unkräuter breitmachen. Dann mäht euren „Rasen“ einmal Ende Juni oder im Juli und ein zweites Mal im Herbst (September).
Seid ihr ungeduldig, könnt ihr euch ein wenig Arbeit mit dem Anlegen der Fettwiese machen
Falls ihr der natürlichen Entwicklung nachhelfen wollt oder keine Samen anfliegen, könnt ihr Samen aussäen oder einzelne Pflanzenpolster als Startkapital pflanzen .
Stecht dazu eine oder mehrere kleinen Stücke aus dem Rasen aus, gebt normale Gartenerde in das Loch und sät die passenden Samen aus oder pflanzt die Blumen ein.
Wenn ihr euch unsicher seid, welche Pflanzen in eurer Gegend passen, schaut euch in der Natur um. Was wächst wo? Es gibt auch Saatgut-Hersteller, die regionale Saatgut-Mischungen mit einheimischen Wildblumen und Gräsern anbieten.
Fettwiese Blumen- und Pflanzen-Arten
Je nach Standort wachsen in einer Wiese unterschiedliche Pflanzen-Arten. Es gibt solche für tiefere Lagen und solche für höhere Lagen. Im Flachland wächst was anderes als im Bergland.
In unserer Region wächst in den höheren Lagen auf landwirtschaftlich extensiv genutzten Wiesen zum Beispiel die Schwarze Teufelskralle, die ich bei meinen Wanderungen schon öfter gesehen habe.
Außerdem unterscheidet sich die Arten-Zusammensetzung auch danach, ob der nährstoffreiche Standort schattig oder sonnig, feucht oder trocken ist. Habt ihr schon mal die Pracht einer feuchten Wiese voll blühendem Schlangenknöterich gesehen? Solche Wiesen werden leider trocken gelegt.
Ist der Boden sauer oder kalkhaltig, feucht oder trocken, durchlässig oder tonhaltig, werden sich entsprechend unterschiedliche Pflanzen wohlfühlen.
Neigt der Untergrund zu Staunässe hat das auf die Arten genauso Einfluss wie wenn sich der Wiesenfleck am Hang oder auf der Ebene befindet.
Auch das regionale Klima und die Höhe der Jahresniederschläge wirkt sich auf die Pflanzen, die sich ansiedeln aus.
Welche Pflanzen sich einen Platz in der Wiese erobern, hängt auch von deren Ausbreitungsstrategie ab. Löwenzahn fliegt mit Hilfe seines Fallschirmes und dem Wind viele Kilometer.
Der Samen des Günsels wird wegen seines Anhängsels gerne von Ameisen fortgetragen. Diese wandern allerdings nur bis zum Ameisenbau.
In unserem Garten existiert ein kleinflächiges Mosaik aus verschiedenen Standortbedingungen, die nahe beieinander liegen. Unter anderem wachsen Schafgarbe, Günsel, Löwenzahn, Wiesen-Labkraut und Spitzwegerich.
Spitzwegerich ist übrigens eine einheimische Pflanze und eine Raupenfutterpflanze für mehrere Schmetterlinge, auch solche, die auf der Roten Liste stehen. Die Raupe der Feuchtwiesen-Staubeule (stark gefährdet) frisst nicht nur Spitzwegerich sondern auch Kleinkräuter, die schon abgestorben sind oder zu faulen anfangen. Da sieht man wieder, wie wichtig es ist, Gräser und Kräuter stehen zu lassen! Vielleicht ist der Falter stark gefährdet, weil in der Agrarindustrie und in den Gärten abgestorbene und faulende Kräuter ausgemerzt werden?
Zurück zu dem, was bei uns neben Gräsern unter anderem auf der fetten Wiese wächst: Wiesen-Schaumkraut, Rotklee, Giersch, Gundermann, Sauerampfer und Schlangen-Knöterich.
Bei uns sind die Vorkommen an verschiedenen Stellen im Garten unterschiedlich stark ausgeprägt, Löwenzahn und Wiesen-Bärenklau sind seltener als Spitzwegerich und Günsel.
Die Übergänge zu anderen Gartenbereichen sind fließend, weshalb die Arten nicht nur auf der „Wiese“ wachsen, sondern auch an anderen Plätzen.
Die ausdauerende Nachtviole hat sich zum Beispiel am schattigen Rand der Hecke bei einem anderem Rasenstück, das wir öfter mähen, etabliert.
Würde ich jetzt, während ich diesen Artikel schreibe, durch den Garten gehen, würden mir sicher noch mehr Pflanzen ins Auge springen.
Eines sollte klar sein: Es gibt keine natürliche Fettwiese, die genauso aussieht, wie eine andere. Denn viele Faktoren spielen für die Arten-Zusammensetzung eine Rolle. Und jede traditionell genutzte Wiese verändert sich im Laufe der Jahre.
Meine Erkenntnisse mit dem Anlegen einer Fettwiese statt Magerwiese
Auch wenn viele Naturgarten-BesitzerInnen von einer insektenfreundlichen Magerwiese träumen, kann ich mich dazu nicht durchringen. Denn es ist ein immenser Aufwand, aus einem Boden, der von Haus aus lehmig und nährstoffreich ist, mageren Boden zu machen.
Sollte es nicht einfacher gehen und wir nehmen das, was vorhanden ist, wie in der Permakultur oft propagiert? Denn auch Insekten und Bienen nutzen natürliche Fettwiesenblumen. Ist ja nicht so, dass es auf denen nichts Schönes oder Nützliches gäbe.
Eine Anmerkung zum Schluss: Da wir Rasenschnitt von der Rasenfläche entfernen, magern wir die Fettwiese über die Jahre langsam ab.
An einzelnen Plätzen im Garten entwickeln sich punktuell stickstoffarme Plätze, wo sich bereits einheimische Wildblumen von Magerwiesen-Standorten wie Wiesen-Glockenblumen (Vorwarnliste gefährdeter Arten), Schlüsselblumen und Tüpfel-Johanniskraut angesiedelt haben.
Wer sich entspannt zurücklehnt, geduldig wartet und dem Wandel zuschaut, wird irgendwann mit Magerwiese-Blumen belohnt.
Viel Freude in Garten und Natur
Sonja
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Hallo! Danke für deine Anregung. Ich denke auch, dass wir das was ist nutzen sollten, bevor wir in den Kreislauf eingreifen. Ich habe einen Garten übernommen: dort ist ein Ackerstück, das ich nicht mehr als Ackerfläche nutzen möchte, ich hätte dort liebe Wiese. Danach nicht abmagern möchte also eine Fettwiese. Ich habe noch keine Erfahrungen gesammelt, du aber schon :). Soll ich breitwürfig Rasen säen und dann den Dingen ihren Lauf lassen?
Hallo!
Du kannst von Anfang an den Dingen ihren Lauf lassen und schauen, was ohne Rasen säen kommt und wie sich das entwickelt. Vielleicht kommen ja viele „Unkräuter“ und damit der Anfang einer vielfältigen Fettwiese? Und Gras findet seinen Weg auch von alleine.
Viele Grüße und viel Freude beim Tun.
Sonja
Wieder mal aus dem Herzen gesprochen! Die blöden Naturgartenbücher boomen! Wer einen Naturgarten will, kann erstmal fleißig den fetten, verdichteten Boden abmagern.
Wer hat denn schon die mageren, trockenen Standorte, die von den vielen schönen Naturpflanzen bevorzugt werden?
Als Tipp wird in diesen Büchern genannt, die unteren Schichten, die weniger nährstoffreich sind, nach oben zu bringen.
Das hat doch nichts mit Natur zu tun.
Ich bin zurzeit wegen meiner fetten Feuchtwiese auf der Suche: Wildorchideen kann man jedoch wohl nirgends kaufen…
Hallo Nicole,
Naturgartenbücher können Anregungen geben. Doch dann muss man selber schauen, was im eigenen Garten an Bedingungen gegeben ist und was machbar ist.
Zu Wildorchideen. Ich denke, dass man die nicht kaufen kann, weil sie alleine schon zum Keimen bestimmte Pilze brauchen. Und dann brauchen sie ja den idealen Standort. Die sind ganz schön zimperlich.
Herzliche Grüße
Sonja
Danke für deine Antwort, da spricht viel Fachwissen.
Habe mir jetzt endlich den Podcast angehört, sehr interessant- die vielen Stationen, – und auch persönlichen Einblicke. Deine Herangehensweise gefällt mir – ein Gartenbuch von dir würde ich gerne lesen.
@Naturgartenbücher haben selbstverständlich ihre Berechtigung jedoch stösst mir der Marketing-Ansatz auf, bei dem eben Machbarkeit dem schönen Schein nach dem Motto: „Nature sells“ geopfert wird. Das sind viele aufgesprungen. Auch Klimawandel-Bücher erwecken einen falschen Eindruck. Bücher dieser Art geben kaum Hinweise, dass die gepriesenen trockenresistenten Pflanzen im Gegenzug mit Staunässe und Kälte nicht zurechtkommen und über den Winter eingehen. Vor allem in Ton- und Lehmböden wächst da wenig. Dies betrifft vor allem Zwiebelpflanzen und mediterrane Vertreter.
Wirklich robuste Pflanzen gibt es nur wenige, diese wuchern jedoch und gelten gemeinhin als Unkraut oder müssen anderweitig im Zaum gehalten werden, wie Topinambur.
Viele Gärten sind verdichtet- Neumodische Magerwiesen gibt es nur, wenn nachgeholfen wird. Ökologisch ist das nicht, den Boden auszutauschen. Das meinte ich bezüglich blöder Bücher 😉